Gepostet am: 03. Juli 2024
11 Min

Faktencheck

Top 7 Mythen rund ums E-Auto

Auch im Jahr 2024 polarisiert das E-Auto immer noch. Es gibt echte Fans, aber auch sehr viele, die Elektromobilität rundweg ablehnen. Dann entstehen schnell Mythen, die den Blick für die Wirklichkeit verstellen. Wir gehen in diesem Beitrag den populärsten Thesen auf den Grund.

Mythos 1: E-Autos sind mangels Reichweite nicht alltagstauglich

Noch immer ist die Reichweite oder genauer: der Mangel an Reichweite einer der drei meistgenannten Gründe, um sich gegen ein E-Auto zu entscheiden. Ein Mythos, der noch aus den Anfängen der modernen Elektromobilität stammt als E-Pioniere wie der BMW i3 trotz federleichter Carbon-Karosserie im Praxistest deutlich unter 200 km Reichweite blieben, selbst bei zurückhaltender Fahrweise.

Das hat sich spürbar geändert. Die Reichweite der Fahrzeuge nimmt mit jedem Jahr und mit jedem Modellwechsel zu. Der ADAC hat für alle von ihm im Jahre 2023 getesteten E-Autos eine durchschnittliche Reichweite von 393 km ermittelt. Zehn Jahre zuvor lag der Wert im Schnitt noch bei 167 km1.

Und apropos „alltagstauglich“: Die durchschnittliche Fahrleistung eines Pkw pro Tag liegt in Deutschland unter 40 km!2 Reichweitenängste sind in der Regel also eher unbegründet, ein Mythos eben.

Mythos 2: Es gibt viel zu wenig Ladestationen

Hier kommt es auf die Betrachtungsweise an. Gemessen am Ziel von 1 Mio. Ladepunkte im Jahr 2030 sind die von der Bundesregierung aktuell für 2023 ausgewiesenen 112.179 Stromtanksäulen3 nicht beeindruckend. Hier werden nur die öffentlichen Ladepunkte gezählt, die privaten Wallboxen der meisten E-Autonutzer fließen nicht in die Rechnung ein.

Im europäischen Vergleich steht Deutschland dabei aber noch gut da: Zwar besteht in den Niederlanden eine höhere Ladesäulen-Dichte (nämlich: 47,5 Ladesäulen pro 100 Kilometer), demgegenüber verfügt Österreich nur über rund 17.500 Ladesäulen, in der Schweiz sind es knapp 10.000 und in Griechenland unter 1.000.4 Trotzdem zu wenig?

Untersuchungen des BDEW (Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft) ergaben, dass die Ladepunkte im Schnitt nur zu 11,6 Prozent am Tag belegt waren. Je nach Region allerdings unterschiedlich.5

Richtig voll wird es aber wohl an den wenigsten Säulen. Und vielleicht wird in Zukunft die reine Anzahl an Ladepunkten gar nicht mehr so entscheidend sein. Weil dann die Ladeleistung viel mehr zählt. Mit jeder Fahrzeuggeneration steigt sie an. Und das verkürzt die Ladezeit, wodurch weniger Ladepunkte im Endeffekt benötigt werden.

Was Europa angeht, können wir uns tatsächlich bei der EU bedanken. Sie hat jetzt ein Gesetz über den verpflichtenden Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Autos in der EU beschlossen: Demgemäß sollen schon bis 2026 alle 60 Kilometer öffentliche Ladesäulen die Hauptverkehrswege der Union säumen. National geht der Ausbau auch kontinuierlich weiter. Aktueller Stand (März 2024): 114.5659 Ladepunkte. Zum Vergleich: In ganz Deutschland stehen 14.104 Tankstellen10 für Verbrenner zur Verfügung.

Mythos 3: E-Autos sind einfach (zu) teuer

Auf den ersten Blick stimmt das. Bezogen auf die jeweilige Fahrzeugklasse ist der Verbrenner in der Preisliste stets günstiger als der entsprechende „Stromer“. Nehmen wir als Beispiel das deutsche „DIN-Norm“-Modell VW Golf: die günstigste Version kostet derzeit 27.180 EUR, sein elektrisches Pendant, der ID3 als Einstiegsmodell „Pure“ 36.900 EUR.6 Das ist deutlich, aber nur ein Teil der Wahrheit. Aus zwei Gründen: Wie teuer ein Fahrzeug tatsächlich ist, hängt auch von den Betriebs- und Wartungskosten ab. Und dabei schneidet das E-Auto in der Regel deutlich besser ab: Steuererleichterungen, weniger Verschleißteile, kein Ölwechsel und keine Abgasuntersuchungen, überhaupt bis zu 60 % weniger Wartungskosten führen dazu, dass ein E-Auto bei den sogenannten „Total Costs of Ownership“, also den Gesamtkosten eines Autolebens, besser wegkommt als der Verbrenner. Die anfänglichen Mehrkosten können im Laufe der Zeit über etliche 10.000 Kilometer also wieder hereingefahren werden.7

Wer jetzt weniger am Gesamtbild interessiert ist als an konkreten Preislisten, dem sei versprochen, dass in Zukunft deutlich günstigere E-Autos auf den Markt kommen. Teilweise sind sie das auch schon. Die Hersteller haben mittlerweile genug Erfahrungen mit der Technologie gesammelt, um sie auch in preissensibleren Regionen anbieten zu können. Außerdem etabliert sich in der Industrie die Einsicht, dass Elektromobilität sich nur durchsetzen kann, wenn man sie demokratisiert, sprich erschwinglich macht. Wieder zwei Beispiele: der vollelektrische Citroen e-C3 steht mit 113 PS starken Elektromotor, 44 kWh-Batterie und einer praxistauglichen Reichweite von bis zu 300 km aktuell mit 23.300 in der Preisliste. Opel verspricht für das im Herbst kommende City-SUV Frontera in der E-Version einen Einstandspreis von unter 30.000 EUR.8 Andere Hersteller werden nachziehen. Der Trend geht also durchaus in eine neue Richtung. Elektromobilität soll kein Luxus sein.

Mythos 4: E-Autos sind gar nicht so umweltfreundlich

Hier kann eine Antwort in mehreren Schritten für Transparenz sorgen. Wenn wir den Klimaschutz als das wichtigste Umweltziel definieren, sind E-Autos im Vorteil. Weil deren CO2-Ausstoß während der Nutzung pro Kilometer rein rechnerisch bei 0 liegt. Ein Vollhybrid wie der Toyota Prius emittiert demgegenüber 11 g/km, der Plug-in Hybrid Mercedes GLC Coupe als 300 de 4Matic erstaunliche 10 g/km. Allesamt nach WLTP-Norm. Der günstigste Golf-Benziner kommt nach dieser Norm auf 124 g/km.

Man kann natürlich sagen, dass Normwerte Theorie sind, weil die CO2-Emissionen, die während der Stromproduktion für die E-Autos entstehen, außer Acht gelassen werden. Auto Motor und Sport hat sie für eine Vergleichsfahrt mal mit eingerechnet (bei den beteiligten Verbrennern analog dazu die Emissionen bei der Kraftstoffherstellung). Ergebnis: Auch da waren die rein elektrischen Modelle nicht zu schlagen11.

Andererseits bringen E-Autos schon einen CO2-Rucksack mit noch bevor sie den ersten Kilometer in Angriff genommen haben. Das liegt an der energieaufwendigen Batterieproduktion. Im Fahrbetrieb – das ist sich auch der ADAC sicher – wird dieser Rucksack dann aber über kurz oder lang weggefahren. Ab Fahrleistungen von 45.000 bis 60.000 Kilometern ist die Bilanz ausgeglichen12. Entscheidend für die Abbaugeschwindigkeit ist dabei, wie „sauber“ der Betriebsstrom ist. Dieser und die Produktion sind derzeit noch Bremsen in der Umweltbilanz des E-Autos. Wobei die Zukunft für das E-Auto arbeitet: einerseits was die Technologie angeht, andererseits was den Strommix betrifft. Regenerativer Strom wird weiter zulegen, weil sonst die rundherum, gesellschaftlich anerkannten Klimaziele nicht zu erreichen sind.

Neben der großen CO2-Bilanz-Diskussion gibt es aber noch andere Umweltthemen, bei denen das E-Auto Punkte sammelt. So haben Elektromotoren einen höheren Wirkungsgrad als Verbrenner und gehen deshalb besser mit der eingesetzten Energie um. Genauso verursachen sie kaum Lärm und somit keine akustische Umweltverschmutzung. In Sachen Feinstaub stehen E-Autos ziemlich sauber da: Emissionen fallen in der Regel nur in der Produktion an, also dort wo sie zu kontrollieren sind – nicht in belebten Innenstädten.

Mythos 5: E-Autos sind nicht langlebig

Da E-Motoren an sich viel weniger Verschleißteile haben und kaum Wartungsaufwand benötigen, zielt dieser Mythos eher auf die Ausdauer und Zuverlässigkeit der Batterie. Es gibt mindestens zwei Indizien dafür, dass man sich hier auch weniger Sorgen machen muss. Das sind zum einen die Herstellergarantien. Aktuell liegen sie im Schnitt bei 8 Jahren und 160.000 km. Ausreißer nach oben sind Mercedes mit 10 Jahren und 250.000 km sowie Lexus, die für das Modell UX 300e ebenfalls 10 Jahre, aber obendrein noch 1 Million Kilometer garantieren13.

Wenn in dieser Zeit die Batteriekapazität unter 70 oder 75 % sinkt, stehen die Hersteller in der Verantwortung. Offensichtlich haben sie aber genug Vertrauen in ihre Technologie.

Zweites Indiz: Wer sich für ein gebrauchtes E-Auto interessiert, muss in punkto Batteriequalität längst nicht mehr die Katze im Sack kaufen. Von verschiedenen Anbietern gibt es Prüfverfahren, die die Leistungsfähigkeit der Batterie zertifizieren. Anbieter wie Aviloo oder auch der TÜV-Rheinland ermitteln dabei den sogenannten SOH-Wert („State of Health“): Wie gesund ist die Batterie noch nach mehreren 10.000 Kilometern? Die Ergebnisse der letzten Jahre lassen den Schluss zu, dass gebrauchte Akkus in der Regel erstaunlich gut in Form sind.

Mythos 6: Strom laden ist teurer als Sprit tanken

Strompreise schwanken, Spritpreise erst recht. Schon deshalb ist eine pauschale Ansage dieser Art nicht korrekt. Davon abgesehen macht es einen großen Unterschied, wo ich mein E-Auto lade. Zu Hause oder an einem öffentlichen Ladepunkt? Und weiter: Bin ich Zufalls-Kunde oder vertragsbasiert an der öffentlichen Ladesäule? Nutze ich AC- oder Schnelllader? All das spielt in die Preisstellung hinein und kann erhebliche Unterschiede ausmachen. In der Regel tanken E-Auto Nutzer (zu über 70 %) entweder an der eigenen Wallbox oder am Arbeitsplatz. Und dort sind die Tarife wesentlich günstiger als in der Öffentlichkeit. Auch günstiger als die gängigen Spritpreise. Auffallend allerdings: Haushaltsstrom ist in letzter Zeit deutlich günstiger geworden, öffentlicher Fahrstrom hingegen nicht.14

Mythos 7: E-Autos sind keine Erfolgsstory

Fakt: Das weltweit meistverkaufte Auto im Jahr 2023 war mit 1,23 Millionen Exemplaren das vollelektrische Modell Y von Tesla.15 Kein Golf, kein Toyota, kein Verbrenner.

Fazit

Die Welt der E-Autos ist in Bewegung. Die Technologie entwickelt sich weiter. Batterien werden leichter, Ladezeiten verkürzen sich, die Einstandspreise sinken.

Es lohnt sich immer, einen zweiten Blick auf zuerst etablierte Meinungen zu werfen. Und eines ist klar: Wenn der Verkehrssektor seinen Beitrag zum Erreichen der Klimaziele leisten soll, wird das ohne zunehmende Elektromobilität nicht gehen.

1Zitiert nach: https://www.adac.de/rund-ums-fahrzeug/autokatalog/marken-modelle/bmw/i3/i01/255581/
2Zitiert nach: https://www.motointegrator.de/blog/durchschnittliche-fahrleistung-pkw/#:~:text=Ein%20interessantes%20Detail%20am%20Rande,Deutschland%20bei%2036%2C9%20Kilometern.
3Zitiert nach: https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/ladepunkte-in-deutschland-1884666
4Zitiert nach: Auto Zeitung, 2/2024, vom 3.1.2024, Seite 61
5 Zitiert nach: Auto Zeitung, 2/2024, vom 3.1.2024, Seite 61
6Quelle: autokauf, Neuwagen-Katalog, Ausgabe: Frühjahr 2024
7Quellen: 1) https://reev.com/mythen-ueber-elektroautos/#:~:text=Mythos%201%3A%20Elektrofahrzeuge%20(EVs),Kauf%20innerhalb%20weniger%20Jahre%20aus. 2) https://wiedergruen.com/die-groessten-mythen-ueber-elektromobilitaet-fuer-unternehmen/
8Quelle: auto, motor und sport, 13/2024, vom 6. Juni 2024, Seite 9
9Quelle: https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/ladepunkte-in-deutschland-1884666
10Quelle: Auto Zeitung, siehe oben
11Quelle: Auto Motor und Sport, 4/2024, vom 1. April 2024, Seite 101
12Quelle: https://www.adac.de/rund-ums-fahrzeug/elektromobilitaet/elektroauto/elektroauto-pro-und-contra/
13Vergleiche: https://www.autobild.de/artikel/elektroauto-akku-hersteller-garantie-lebensdauer-porsche-tesla-vw-20343233.html
14Quelle: https://efahrer.chip.de/news/e-auto-laden-ist-teurer-als-tanken-das-vermeintliche-studienergebnis-ist-falsch_1019568
15Quelle: Auto Zeitung, 12/2024, vom 22. Mai 2024, Seite 3 + 37

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