Öffentliches Ladenetz
Ausbau der Ladesäulen für E-Autos: Wie ist der aktuelle Stand?
Noch immer ist die Zahl der öffentlichen Ladesäulen weit von der ursprünglichen Zielmarke der Bundesregierung zum Ausbau der Ladeinfrastruktur („1 Million Ladesäulen bis 2030“) entfernt. Trotzdem sprechen Fachleute von einem Überangebot an öffentlichen Ladestationen. Ein Widerspruch?
Öffentliche Ladestationen - die aktuellen Zahlen
Nach Angaben des BDEW (Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft) stieg die Anzahl der öffentlichen Ladepunkte zum 1. Juli 2024 auf 134.226. Damit seien im ersten Halbjahr 2024 16.063 Ladepunkte dazugekommen, was einem Plus von knapp 14 % entspricht. Der Verband ist mit diesem Ausbautempo zufrieden, gerade auch weil der Anteil an den schnellen HPC-Ladern um 3.000 Einheiten zugelegt hat. Gleichzeitig sei die verfügbare Ladeleistung von 5,4 Gigawatt (GW) im Januar auf 6,3 GW im Juli gestiegen. Unterm Strich würde der deutsche Lademarkt damit die von der EU festgelegten Mindestziele für die installierte Ladeleistung um das Zweifache übertreffen. Es steht also ziemlich viel Energie zur Verfügung, um die derzeit etwa 1,5 Mio. rein batterieelektrischen Fahrzeuge (BEV), plus etliche Plug-in Hybride, zu laden. Während die verantwortlichen Energieunternehmen mit sich selbst im Reinen ist, sind die Automobilhersteller unzufrieden. Vor allem mit den Absatzzahlen ihrer E-Autos. Hier waren die Erwartungen deutlich höher. Und das Defizit spiegelt sich direkt an den Ladestationen wider.
Das Problem: die Auslastung der Ladesäulen
Im Jahr 2023 hat der BDEW als entsprechender Branchenverband erstmals eine Studie zur Auslastung der öffentlichen Ladepunkte aufgelegt. Das Ergebnis ist aufschlussreich – und ernüchternd: Die öffentlichen Ladepunkte waren nur in 11,6 % der Zeit belegt. Selbst in der vermeintlich besten Zeit, zwischen 9 Uhr und 20 Uhr, lag die Auslastung nicht über 20 %. Unter Berücksichtigung regionaler Unterschiede ergab sich eine Belegung zwischen 3 % und 25 %. Aufgrund dieser Datenbasis spricht der BDEW auch von einem „Überangebot an Lademöglichkeiten“.
Daran hat sich im Jahr 2024 nicht viel geändert. Die neuesten Zahlen sprechen von 14,5 % durchschnittlicher Belegung und – regional betrachtet – einer Spanne von 3 % bis 29 % Auslastung.
Auch im Vergleich mit dem „Verkehrsaufkommen“ an der Benzin-Zapfsäule geht es an den Ladepunkten geruhsamer zu: Während sich im Schnitt 544 Verbrenner eine Zapfsäule teilen müssen, kommen auf einen Ladepunkt nur 11 E-Fahrzeuge. Allerdings hinkt der Vergleich etwas, weil die meisten E-Autos immer noch an der heimischen Wallbox geladen werden. Weil es bequemer und günstiger ist. Diese Option steht Benziner- und Diesel-Fahrzeugen natürlich nicht zur Verfügung.
Müssen es wirklich 1 Mio. Ladepunkte bis 2030 sein?
Zur mangelhaften Auslastung kommt noch ein anderer Aspekt hinzu. Die technische Weiterentwicklung hat dazu geführt, dass sich die Ladeleistung, sowohl der Fahrzeuge als auch der Ladesäulen, seit 2019 mittlerweile verdreifacht hat. Das Laden wird also immer schneller und es werden eigentlich immer weniger Ladepunkte benötigt, um immer mehr E-Autos zu versorgen. Daher hält der BDEW das ursprüngliche Millionen-Ziel für technisch überholt.
Das hält die meisten Betreiber aber nicht davon ab, das große Ziel weiterzuverfolgen. MVV zum Beispiel ist seit Jahren konsequent dabei, den Ausbau der Infrastruktur im Rhein-Neckar-Raum engmaschig voranzutreiben. Aktueller Schwerpunkt: die Installation leistungsstarker HPC-Ladehubs, die auf kurzen Wegen zu erreichen sind.
Warum pochen dann die Hersteller – wie zuletzt auf dem „Autogipfel“, Ende September 2024 – weiterhin auf einen intensiveren Ausbau der Ladeinfrastruktur? Einerseits schließen sie sich damit der gängigen Kritik an, andererseits lenken sie so auch von eigenen Defiziten ab: Denn nach wie vor tun sich die Automobilunternehmen schwer, E-Autos zu bezahlbaren Preisen auf den Markt zu bringen. Auch bei den batterieelektrischen Fahrzeugen sind höherpreisige SUV mit 56 % das dominierende Segment, während Klein- und Kompaktwagen mit 26 % nur eine untergeordnete Rolle spielen.
Neue Initiative der Bundesregierung: die Ladesäulen-Pflicht für Tankstellenketten.
Mal abgesehen von der Auslastung ist die flächenmäßige Verteilung der Ladesäulen auch ein Aspekt, der zu beachten ist. So gibt es noch eine Menge (ländlicher) Gemeinden, die überhaupt keinen Ladepunkt zur Verfügung stellen. An dieser Stelle setzt eine neue Initiative der Bundesregierung an. Sie hat ein Gesetz auf den Weg gebracht, dass Tankstellenbetreiber mit über 200 Standorten dazu verpflichtet, ab dem 28. Januar 2028 an jedem Standort mindestens eine öffentlich zugängliche Schnellladesäule zu errichten. Da Tankstellen im ländlichen Raum relativ häufig anzutreffen sind, könnte dies das Gefälle in der Ladesäulenverteilung (großes Angebot in den Metropolen, karges Angebot auf dem Land) ein Stück ausgleichen.
Die betroffenen Unternehmen sind von der Gesetzesvorlage allerdings weniger begeistert. Sie befürchten, dort investieren zu müssen, wo es zu wenig Nachfrage gibt. Gut möglich also, dass Ausnahmen von der Regel oder Formen der Kompensation noch Eingang in das Gesetz finden.
Eine Initiative der MVV: die eMotion-App
So wichtig wie die Verfügbarkeit einer Ladesäule ist auch die unkomplizierte Abwicklung des Ladevorgangs selbst. Als Beitrag dazu hat MVV die eMotion-App entwickelt. Sie ermöglicht den NutzerInnen, die Ladeplanung und das Laden selbst komplett über das eigene Smartphone abzuwickeln. Inklusive der Navigation zum nächstgelegenen Ladepunkt und einer transparenten Kostenübersicht. Dabei ist das Angebot an Ladepunkten nicht auf Mannheim und Umgebung beschränkt, sondern umfasst über 105.000 Ladepunkte in ganz Deutschland. Ein ganz besonderer Bonus: Sie fahren via eMotion-App immer mit 100 % zertifiziertem Ökostrom.
Außerdem: Wer bereits MVV Stromprivatkunde ist, kann dabei auf den besonders günstigen „eMotion Plus“-Tarif zugreifen. Tarifwelten zu vernetzen, führt so zu greifbaren Sparerfolgen.
Fazit
Zieht man nur die Auslastung der öffentlichen Ladepunkte als Kriterium heran, dann scheint es hier keinen Mangel zu geben. Für den aktuellen Ladebedarf ist das Angebot geradezu üppig. Trotzdem werden die Beteiligten beim Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur nicht nachlassen. Gerade dieser Aspekt hat in der Diskussion um das E-Auto einen hohen Symbolgehalt.
Mag das Ladesäulennetz derzeit sogar überdimensioniert sein, so liegt der Absatz von E-Autos erkennbar unter den Erwartungen. Hier geht eine deutlich größere Schere zwischen dem Ziel „15 Mio. E-Autos bis 2030“ und der tatsächlichen Anzahl an BEV-Fahrzeugen auf. Dabei ist gerade dieses Ziel von besonderer Bedeutung. Es ist der entscheidende Beitrag des Verkehrssektors zur Erreichung der Klimaziele.