Von Staßfurt nach Mannheim: MVV-Drehrohre erreichen nach 850 Kilometer langer Schifffahrt ihr Ziel
Transport der beiden 24 Meter langen Rohre mit einem Durchmesser von rund 3,5 Metern zum Energie- und Recyclingpark auf der Friesenheimer Insel – Herzstücke der im Bau befindlichen innovative Anlage zum Phosphor-Recycling aus Klärschlamm
110 Tonnen oder so viel wie 22 ausgewachsene Elefanten: Das ist das Gewicht von jedem der beiden Drehrohröfen, die jetzt auf dem Binnenschiff Orion 2 den Mannheimer Handelshafen erreicht haben. Auf ihrer Reise haben sie insgesamt rund 850 Fluss- und Kanalkilometer zurückgelegt und etliche Schleusen passiert. Sofort nach der Ankunft wurden die beiden 24 Meter langen Rohre, die einen Durchmesser von rund 3,5 Metern haben, mit zwei 750-Tonnen-Lastkränen auf zwei Spezialtransporter verladen und in der Nacht auf den 2. April zum Energie- und Recyclingpark des Mannheimer Energieunternehmens auf der Friesenheimer Insel gebracht. „Wir freuen uns sehr, dass Schiffs-Kapitän Christoph Schwindt die tonnenschwere Last sicher nach Mannheim gebracht hat. Denn die beiden Drehrohre sind die Herzstücke unserer im Bau befindlichen innovativen Anlage zum Phosphor-Recycling aus Klärschlamm. Damit können die Arbeiten nun unterbrechungsfrei fortgesetzt werden“, sagte Uwe Zickert, Technischer Geschäftsführer des MVV-Tochterunternehmens MVV Umwelt, bei der Schiffsankunft im Mannheimer Handelshafen.
Spezialanfertigung aus Staßfurt in Sachsen-Anhalt
Hergestellt wurden die beiden Drehrohröfen von der Firma EMDE Anlagenbau und Rohrtechnik Stassfurt GmbH (Sachsen-Anhalt). Der Standort Staßfurt ist mit seinen 140 Mitarbeitern spezialisiert auf die Entwicklung, Fertigung von Drehrohrapparaten, Vakuumfilter, Behälter- und Apparatebau, Kellystangen, Doppelwandbohrrohre, Windkraftkomponenten und Löseapparate. Der Fokus liegt hierbei auf verfahrenstechnisch hoch anspruchsvolle Anwendungsfelder in der Chemie-, Energie; Kali- und Soda und Abfallverwertungsbranche. „Das EMDE-Team ist stolz darauf, nach insgesamt zweieinhalb Jahren Projektlaufzeit diese hochkomplexen Drehrohröfen an unseren Kunden und Partner MVV Umwelt Mannheim zu übergeben. Unsere Kunden erwarten höchste Flexibilität, Langlebigkeit und Qualität der Apparate. Dies impliziert selbst bereits innerhalb der Projektierung, neue verfahrenstechnische Erkenntnisse in der Trommeltechnik umzusetzen“, betonte EMDE-Geschäftsführer Olaf Michalewicz.
Nach eingehender Prüfung durch den TÜV und MVV Umwelt hatten die beiden Anlagenteile am 22. März 2022 die Werkshallen verlassen. Einen Tag später wurden sie am Hafen Schönebeck-Frohse bei Magdeburg an der Elbe auf das rund 80 Meter lange Binnenschiff TR 30 umgeladen. Über die Elbe, den Mittelland-Kanal und den Dortmund-Ems-Kanal, sind sie schließlich über den Rhein geschippert und haben am 1. April Mannheim erreicht. In Dortmund wurden sie vor der Fahrt auf dem Rhein vom der TR 30 auf das höher motorisierte Schiff Orion 2 umgeladen.
Innovative Phosphor-Recycling-Anlage: Energie und Wärme aus Klärschlamm
Dier innovative Anlage zum Phosphor-Recycling wird direkt in das bestehende Heizkraftwerk der MVV Umwelt auf der Friesenheimer Insel integriert. Die beiden Drehrohröfen werden zu zwei mit Abfall befeuerten Kesseln in das bestehende Heizkraftwerk eingebaut. Nach der Inbetriebnahme der Phosphor-Recycling-Anlage im kommenden Jahr kann die Anlage in einem thermischen Verfahren das im Klärschlamm enthaltene Phosphor umweltfreundlich zurückgewinnen – und verarbeitet dafür pro Jahr bis zu 180.000 Tonnen Klärschlamm. Gleichzeitig können 90 Prozent des Phosphors zurückgewonnen und als wertvoller Rohstoff in der Düngemittelproduktion genutzt werden. So vereint die Anlage gleich mehrere Vorteile: Sie sorgt für eine ökologische Entsorgung des in der Region anfallenden kommunalen Klärschlamms und die Schonung des endlichen natürlichen Phosphor-Vorkommens. Und sie ermöglicht gleichzeitig eine klimaneutrale Energieerzeugung und damit einen weiteren Schritt auf dem Weg zur Grünen Wärme.
Neuland für MVV
Mit dem Bauder Phosphor-Recycling-Anlage aus Klärschlamm betritt MVV Neuland. Während der Planungsphase hat MVV Umwelt im Rahmen einer Marktstudie alle verfügbaren Technologien und Verfahren intensiv geprüft, um das Optimum für das Unternehmen zu erzielen. „Mit den gewonnenen Erkenntnissen haben wir uns dann für eine Klärschlamm-Behandlungsanlage mit Drehrohrtechnologie entschieden, die ein Phosphor-Recycling am Standort ohne ein weiteres, nachgelagertes Verfahren ermöglicht“, betonte, Dr. Christian Hower-Knobloch, der Kaufmännische Geschäftsführer der MVV Umwelt.
Das Umweltministerium Baden-Württemberg sowie der Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) fördern den Bau der Anlage zur Phosphor-Rückgewinnung.