"EVO wächst mit Holz und Wind"
Vorstandschef Homann: Ergebnisziele erreicht / Einstieg in das Geschäft mit Windkraft / Pelletwerk im Probebetrieb
Die Energieversorgung Offenbach AG (EVO) hat im vergangenen Geschäftsjahr ihre eigenen Erwartungen erfüllt. "Wir haben unsere Umsatz- und Ergebnisziele leicht übertroffen", berichtete der EVO-Vorstandsvorsitzende Michael Homann. Zugleich investierte die EVO massiv in den Ausbau der erneuerbaren Energien und leistete damit ihren Beitrag zur Energiewende in der Region Offenbach. "Wir wachsen mit Holz und Wind", führte der EVO-Chef aus. Für rund 17 Millionen Euro sind ihm zufolge ein Holzpelletwerk und ein Biomasse-Heizkraftwerk am Offenbacher Mainufer entstanden. Zum Jahreswechsel sind zudem in Nordhessen die ersten beiden Windkraftanlagen des Regionalversorgers in Betrieb genommen worden.
Die beiden neuen Windräder in der Nähe von Massenhausen im Landkreis Waldeck-Frankenberg erbringen eine Leistung von jeweils zwei Megawatt. Mit den erzeugten neun Millionen Kilowattstunden Ökostrom im Jahr können rund 2.600 Haushalte versorgt werden, hob der EVO-Vorstandsvorsitzende bei der Bilanzpressekonferenz hervor. Die Anlagen des Typs Vestas V 90 haben jeweils eine Gesamthöhe von 150 Metern, der Durchmesser der Rotoren beträgt neunzig Meter. Die Investitionssumme bezifferte Homann auf rund sieben Millionen Euro. Betrieben werden die Windkraftanlagen von der Cerventus Naturenergie GmbH, einem Gemeinschaftsunternehmen der EVO und der Juwi-Gruppe. Die Juwi ist einer der führenden Projektentwickler von Wind- und Solaranlagen.
Im Geschäftsjahr 2009/2010 konnte die EVO einen Jahresüberschuss von rund 22,4 Millionen Euro erwirtschaften, wie Homann ausführte. Damit erreichte das Unternehmen eine Ergebnissteigerung von 6,6 Prozent. Im Vorjahr hatte der Überschuss bei exakt 21 Millionen Euro gelegen. Die Bilanzsumme ist von 311,8 auf 327 Millionen Euro gestiegen (plus 4,9 Prozent). Außerdem erzielte die EVO im Berichtszeitraum einen Rekordumsatz in Höhe von 342,5 Millionen Euro (Vorjahr: 313,9 Millionen Euro). Zu den wichtigsten Gründen für den Anstieg zählen das Wachstum im Stromgeschäft mit Gewerbekunden sowie der Ausbau des Dienstleistungsgeschäfts.
Die Aktionäre erhalten eine unveränderte Dividende von 1,10 Euro je Aktie. Das heißt: Wie im Vorjahr fließen nahezu zehn Millionen Euro jeweils an die beiden Hauptaktionäre - die MVV Energie AG und die Stadtwerke Offenbach Holding GmbH. Rund 574.000 Euro werden an die Anteilseigner aus dem Kreis der Mitarbeiter ausgeschüttet. EVO-Manager Homann zeigte sich zufrieden mit dem Ergebnis: "Wir haben unter Beweis gestellt, dass wir trotz des starken Wettbewerbs auf dem Energiemarkt erfolgreich arbeiten können." Das gelte auch für den Markt für private Kunden: "Deren Zahl in den Segmenten Strom und Erdgas konnten wir im vergangenen Geschäftsjahr um rund 5.200 erhöhen".
Das Pelletwerk auf dem ehemaligen Chemie-Standort in Offenbach läuft seit November 2010 im Probebetrieb. Seither werden die Abläufe in der Anlage optimiert. Die offizielle Eröffnung und der anschließende Dauerbetrieb sind für Mai dieses Jahres vorgesehen. In dem Werk will die EVO zunächst 65.000 Tonnen Holzpellets pro Jahr herstellen. In einer weiteren Ausbaustufe kann die Kapazität verdoppelt werden. Die Presslinge sollen in Nahwärmenetzen der Region und im EVO-Heizkraftwerk anstelle der bisher eingesetzten Steinkohle verbrannt werden. In Deutschland ist dieses Konzept einzigartig. Nach Worten von Homann kann damit die EVO die Emission an schädlichen Treibhausgasen massiv senken. Mit den Pellets sollen 30.000 von insgesamt 120.000 Tonnen Steinkohle im Kraftwerk ersetzt werden - mit dem Ziel, den Ausstoß an Kohlendioxid um 80.000 Tonnen im Jahr zu reduzieren.
Das neue Biomasse-Heizkraftwerk wird ausschließlich mit Holzhackschnitzeln befeuert. Der Clou dabei: Mit dessen Abwärme lassen sich die Holzpellets des angrenzenden Werks umweltschonend trocknen. "Wir sind auf dem richtigen Weg: Wo früher Energie für die Chemie verbraucht wurde, erzeugen wir heute umweltfreundliche Energie." Mit ihren Investitionen habe die EVO Fakten geschaffen und die Revitalisierung der früheren Industriebrache eingeleitet. "Wir schaffen damit Wachstum und Arbeitsplätze - nicht irgendwo, sondern hier, wo wir leben."
Im Rhein-Main-Gebiet betreibt die EVO mittlerweile 36 Nahwärmenetze. Davon arbeiten 18 Netze auf der Basis von Holzpellets. Allein in Raunheim deckt die EVO mit einem solchen Nahwärmenetz den Bedarf von mehr als 2.500 Haushalten - womit diese Anlage zu den größten ihrer Art in ganz Deutschland zählt. In der Gemeinde Hainburg hat die EVO einen Wirtschaftskreislauf der besonderen Art etabliert: Grünabfälle aus der Kommune werden bei der EVO zu Holzpellets verarbeitet und in zwei Hainburger Nahwärmenetzen zu Energie für rund hundert Einfamilienhäuser umgewandelt. "Der nachwachsende Rohstoff Holz als Energieträger, kurze Transportwege und der regional geschlossene Wirtschaftskreislauf machen das Nahwärmekonzept in Hainburg zu einem ökologischen Musterprojekt, das seinesgleichen in der Region sucht."
Homann blickt zurückhaltend optimistisch auf die nächsten Jahre. "Unser Engagement für nachhaltiges und klimafreundliches Wachstum haben wir jetzt unter Beweis gestellt. Diesen Weg wollen wir weiter fortsetzen - dem Atomkompromiss der Bundesregierung zum Trotz. Energie aus der Region für die Region - an diesem Ziel arbeiten wir. Für uns besteht kein Zweifel, dass der dezentralen und umweltschonenden Energieerzeugung die Zukunft gehört." Davon profitiere auch der Kunde: Er werde unabhängiger von den vier großen Energiekonzernen, den schwankenden Brennstoffpreisen für Erdöl und Erdgas, von Devisenschwankungen und nicht zuletzt den politischen Unwägbarkeiten in den Förderländern.
Mittelfristiges Ziel der EVO sei es, den Anteil der Eigenerzeugung mehr als zu verdoppeln. Damit könne das Unternehmen in voraussichtlich fünf Jahren alle seine Privat- und Geschäftskunden mit Energie ausschließlich aus eigener Erzeugung bedienen. Mit einer Eigenkapitalquote von 40,1 Prozent verfüge die EVO weiterhin über eine gute Basis, um große Investitionen in die Zukunft des Unternehmens ausgewogen finanzieren zu können.