Gepostet am: 15. September 2022
8 Min

Stromausfall

Notstromaggregat: sinnvoll oder nicht?

Derzeit gibt es sie in jedem Baumarkt, teilweise für unter 200 Euro: Notstromaggregate, die mit Benzin oder Diesel betrieben werden und diesen Kraftstoff mit Hilfe eines Verbrennungsmotors und einem Generator in elektrische Energie umwandeln. Das Konzept erscheint zunächst simpel und logisch: Im Falle eines längeren Stromausfalls einfach das gerade benötigte Gerät ans Notstromaggregat statt an die Wandsteckdose anschließen, und schon kann der Alltag fast wie gewohnt weitergehen. Doch in der Praxis spricht mehr gegen als für den Einsatz. Wir haben die wichtigsten Punkte, die für oder gegen einen Kauf eines Notstromaggregats sprechen, für Sie aufgelistet.

Beschränkung der Kraftstofflagerung

Notstromaggregate erzeugen Strom aus Benzin oder Diesel. Um für einen längeren Stromausfall gerüstet zu sein, müssen Sie also auch entsprechend viel Kraftstoff lagern. Genau dies ist aber in Deutschland reglementiert: Privathaushalte dürfen maximal 13 Liter Benzin oder knapp 24 Liter Diesel in Garage oder Keller in Kanistern vorhalten. Denken Sie auch daran, dass die Haltbarkeit von Benzin E10 und Diesel wegen der Zusätze von Bio-Kraftstoffen eingeschränkt ist, teilweise auf nur sechs Monate.

Hoher Verbrauch bei weniger Leistung = teurer Strom

Natürlich ist der Verbrauch abhängig davon, welche Geräte an das Notstromaggregat angeschlossen werden, doch als Anhaltspunkt lässt sich sagen, dass ein Gerät mit einer abgerufenen Maximalleistung von 2000 Watt ca. 1,25 Liter Sprit in der Stunde verbraucht. Bei Benzinpreisen von zwei Euro pro Liter (Stand: 12/2022) würde eine Kilowattstunde Strom also 1,25 Euro kosten – ein Vielfaches dessen, was Strom aus der Steckdose kostet, selbst bei gestiegenen Strompreisen. Die Menge an Benzin, die Sie lagern dürfen, würde für gerade mal 13 Stunden Betrieb unter Volllast reichen. Als Alternative zum Normalstrom, etwa um Kosten zu sparen, ist ein Notstromaggregat also definitiv nicht geeignet. Doch selbst bei einem Stromausfall sollte man sich gut überlegen, wofür man den Notstrom einsetzt. Für die Zubereitung von heißem Wasser und Speisen ist ein normaler Campingkocher mit Gaskartuschen praktischer und kostengünstiger. Für die Lichterzeugung eignen sich batteriebetriebene Leuchten aufgrund höherer Mobilität besser.

Der Betrieb eines Notstromaggregats ist nur im Freien erlaubt

Beim Betrieb eines Notstromaggregats entstehen durch die Spritverbrennung Abgase, weshalb es ausschließlich im Freien aufgestellt werden darf. Das bedeutet, dass Sie ein Verlängerungskabel oder eine Kabeltrommel benötigen, um Geräte im Haus mit dem erzeugten Strom zu speisen. Selbst wenn Tür oder Fenster im Winter nur einen Spalt weit offenstehen, um ein Kabel durchzulassen, entweicht dabei kostbare Wärme und die Räume kühlen schneller aus.

So laut wie der Feierabendverkehr

Ein Notstromaggregat kann bei Betrieb bis zu 90 Dezibel laut werden – die gleiche Lärmbelastung tritt an einer vielbefahrenen Hauptstraße auf. Selbst, wenn Sie Ihr Notstromaggregat im Garten aufstellen, kann dies in dicht besiedelten Wohngebieten recht schnell zu Lärm führen und damit zu Problemen mit der Nachbarschaft.

Regelmäßige Wartung und Pflege nötig

Wer sich ein Notstromaggregat für den Fall der Fälle zulegt, sollte daran denken, dass es mindestens einmal im Jahr gewartet werden muss, um die Funktionstüchtigkeit im Ernstfall zu gewährleisten. Auch ein Probelauf sollte vor der ersten Inbetriebnahme im Notfall stattfinden. Wenn Sie technisch versiert sind, können Sie die Wartung selbst durchführen. Die Bedienungsanleitung Ihres Aggregats gibt Ihnen dazu die nötigen Hinweise. Wichtigste Punkte sind ein jährlicher Wechsel des Motoröls und eine regelmäßige Kontrolle der Zündkerzen. Auf jeden Fall sollte das Notstromaggregat an einem trockenen Ort aufbewahrt werden, wo es vor Witterungseinflüssen, starken Temperaturschwankungen und Staub geschützt ist.

Leistungsschwankungen können Geräten schaden

Für den Betrieb vieler Haushaltsgeräte wie Wasserkocher oder Kaffeemaschinen lohnt es sich nicht, ein Notstromaggregat anzuschließen, weil es günstigere und einfachere Alternativen gibt wie den Campingkocher, mit dem man schnell und leicht Wasser für die Kaffee- oder Teezubereitung erhitzen kann. Für manche Geräte kann der Betrieb an einem Notstromaggregat aber sogar schädlich sein, denn mobile Aggregate arbeiten nicht gleichmäßig und erzeugen hin und wieder Überspannungen. Diese sind für Stromabnehmer mit empfindlicher Elektronik wie PCs oder Laptops, aber auch andere Geräte mit Microchip-Technologie wie Drucker, Kühlschränke und Waschmaschinen gefährlich und können, wenn sie nicht sofort zu einem Ausfall führen, die Lebensdauer verkürzen. 

Fälle, in denen ein mobiles Notstromaggregat dennoch sinnvoll ist:

Betrieb von lebensnotwendigen medizinischen Geräten

Notstromaggregate sind immer dann sinnvoll, wenn bei einem Stromausfall Geräte damit betrieben werden können, die durch nichts anderes zu ersetzen und lebensnotwendig sind. Darunter fallen vor allem medizinische Geräte wie Sauerstoffgeräte, Ernährungspumpen und Beatmungsgeräte, Pflegebetten und vergleichbares. Einige davon verfügen über einen eingebauten Akku, der einen kurzzeitigen Stromausfall überbrücken kann, doch natürlich muss auf jeden Fall auch für eine längere Unterbrechung der Stromversorgung eine Lösung bereitstehen. Hier kann ein mobiles Notstromaggregat für zusätzliche Absicherung sorgen. Ihre Krankenkasse, Ihr Facharzt oder Pflegedienst beraten Sie dazu gern. Auch im Internet - beispielsweise hier - finden Sie hilfreiche Tipps und Anmerkungen.

Betrieb von mobilen Heizelementen zur Vermeidung von Frostschäden

Nur wenige Heizanlagen laufen auch bei einem Stromausfall weiter. Bei Öl- und Gasheizungen brauchen Brenner, Steuerung und Pumpe Strom, sonst springt die Anlage selbst bei vorhandenem Brennstoff nicht an. Steht keine alternative Heizquelle wie ein Kaminofen oder eine stromunabhängige Pelletheizung zur Verfügung, drohen bei schlechter Isolierung teure Frostschäden an wasserführenden Leitungen und dem Heizungssystem selbst. Hier muss jeder Immobilienbesitzer selbst überprüfen, wie gut seine Leitungen isoliert sind und ob die Vermeidung von Leitungsschäden die Anschaffungskosten eines Notstromaggregats und mobiler Heizelemente wie strombetriebener Radiatorenwert sind. Gasbetriebene mobile Heizungen, die für den Betrieb in Innenräumen zugelassen sind, können hier als Notheizung ebenfalls eine Alternative darstellen.

Fazit:

Die Anschaffung eines Notstromaggregats steht für Privathaushalte nicht auf der Vorsorge-Checkliste des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe. Die benötigten Voraussetzungen, aufgeführten Nachteile und hohen Betriebskosten stehen oft in keinem Verhältnis zum Nutzen. In schlecht isolierten Bauten, wo wasserführende Leitungen ohne Heizung einfrieren würden, kann ein Notstromaggregat für den Betrieb von alternativen Heizquellen allerdings größere Schäden verhindern. Auch zur Stromabsicherung von medizinischen Geräten in der häuslichen Pflege sollte man sich zur Anschaffung eines Notstromaggregats vom Facharzt oder Pflegedienst beraten lassen. Gerade in Zeiten wie diesen hat der Besitz eines mobilen Notstromaggregats aber für die meisten Menschen in Privathaushalten laut Einschätzung eines Energieexperten vor allem einen psychologischen Effekt – viele können einfach besser schlafen, wenn sie wissen, dass sie nicht komplett vom Strom aus der Steckdose abhängig sind.

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