Gepostet am: 14. November 2023
8 Min

Günstiger ja, aber auch gut?

Gebrauchtes E-Auto - Das sollten Sie beim Kauf eines gebrauchten E-Autos wissen?

E-Autos sind in unserem Straßenbild nichts Ungewöhnliches mehr. Das ändert aber nichts daran, dass die Einstiegspreise in die neue Antriebstechnologie weiterhin hoch sind. Interessenten könnte das auf die Idee bringen, nach einem gebrauchten E-Fahrzeug Ausschau zu halten. Mittlerweile sind einige auf dem Markt. Worauf sollten potentielle Käufer und Käuferinnen jetzt achten?

Unter 40.000 Euro geht ein bisschen was, unter 30.000 Euro werden gerade einige Modelle erst angekündigt – die Preisgestaltung ab Werk bei E-Autos kann selbst der größten E-Begeisterung einen Dämpfer verpassen. Zum Glück kommt langsam der Gebrauchtwagenmarkt in Fahrt und bietet damit eine Alternative.

Laut DAT (Deutsche Automobil Treuhand) liegt ein 5 Jahre alter BMW i3 (mit der kleinen Batterie) jetzt bei 18.800 Euro und ein 4 Jahre alter Renault Zoe bei etwa 15.900 Euro. Zwar handelt es sich hier immer noch um sehr kompakte Fahrzeuge, trotzdem klingt das Angebot schon wesentlich erschwinglicher.

Was außerdem erfreulich ist: Die Erfahrung zeigt, dass die E-Motoren und Hochvolt-Komponenten (nicht nur von diesen Modellen) in der Regel zuverlässig und langlebig ihren Dienst verrichten. Höchstens in Ausnahmefällen bereiten sie mal Kopfzerbrechen. Darüber hinaus verfügen E-Autos an sich über weniger Verschleißteile! Im Vergleich mit einem Verbrenner mit Getriebe und über 1.400 Teilen, besteht ein Elektromotor inklusive Batterie nur aus circa 200 Einzelkomponenten. Und was nicht vorhanden ist, kann auch keine Reparaturkosten verursachen. Und deshalb konzentriert sich die Aufmerksamkeit der kritischen Beobachter auf einen anderen Punkt: dem Akku.

Das wichtigste Bauteil – der Akku.

Die Traktionsbatterie ist das wesentliche Bauteil eines E-Autos. Und auch das wertvollste. Der TÜV Rheinland geht davon aus, dass das Powerpack im Boden des Fahrzeugs bis zu 50 % des Wertes eines batterie-elektrischen Fahrzeugs ausmacht. Folglich bestimmt es auch in hohem Maße den Restwert eines (gebrauchten) E-Autos. Und wer sich für ein solches interessiert, stellt sich mit Sicherheit sehr schnell die Frage: Wie leistungsfähig ist der Akku nach 30.000, 40.000 oder 50.000 gefahrenen Kilometern. Schließlich hängt davon einiges ab: Zum Beispiel die Reichweite (nach wie vor Stress-Thema Nr 1), aber auch die Ladeleistung. Letzten Endes geht es um die Frage, wie sicher die Investition in ein Second-Hand E-Auto ist.

Kann man die Leistungsfähigkeit gebrauchter Akkus checken?

Vor kurzem noch hätte die Antwort „Nein“ gelautet, der Akku war praktisch ein dunkles Geheimnis. Das Alter des Fahrzeugs sowie die Laufleistung als Anhaltspunkte für den sogenannten „State of Health“ (SoH) der Batterie sind nämlich keine ausreichenden Indizien. Für den Batteriealterungsprozess sind noch viele andere Faktoren maßgeblich: die Anzahl der Ladezyklen, die jeweils verwendeten Stromstärken, die Ladedauer, das Nutzungsprofil, der persönliche Fahrstil, selbst der Ladezustand bei Nicht-Nutzung.

Die weitgehende Intransparenz führte dazu, dass Restwerte in der Regel nach unten korrigiert wurden, weil die entsprechende Bewertung sicherheitshalber von einem weniger guten Batteriezustand ausging. Ein für alle Beteiligten unbefriedigender Zustand. Für Verkäufer, die nicht auf ihre Kosten kommen. Und für Käufer, die letztlich die Katze im Sack kaufen mussten.

Die gute Nachricht: Es geht jetzt auch anders. Das österreichische Start-up Aviloo hat bereits im letzten Jahr einen Test auf den Markt gebracht, der Klarheit über den „State of Health“ der Batterie schafft. Seit diesem Jahr erweitert der „Battery Quick Test“, entwickelt vom TÜV Rheinland und einem Joint Venture Partner, das Angebot an Diagnosegeräten. Ein großer Vorteil für alle.

Was leisten die Diagnose-Tests und wie funktionieren sie?

Sie liefern, kurzgesagt, Aufschluss über den individuellen Gesundheitszustand der Batterie und schaffen damit eine Vertrauensbasis. Dass hier tatsächlich verlässliche Ergebnisse erzeugt werden, zeigt auch die Zusammenarbeit der Experten von „Auto Motor und Sport/Moove“ mit Aviloo. Das Start-up bietet zwei unterschiedliche Versionen an, wobei der (besonders gründliche) Premium-Test in erster Linie für Privatkunden gedacht ist, die es wirklich genau wissen wollen. Dabei wird das Diagnosegerät über die Onboard-Diagnose-Schnittstelle mit dem Fahrzeug verbunden. Getestet wird dann „live“, während der Fahrt, wobei der Akku von 100 % auf 10 % heruntergefahren wird. Die gespeicherten Ergebnisse werden dann vom Hersteller ausgewertet und in ein Akkuzertifikat übertragen. Darin wird die aktuelle Batteriekapazität (besagter „SoH“) in Prozent angegeben.

Den schnelleren (und weniger gründlichen) Flash-Test bietet Aviloo nur Geschäftskunden an, die sich einen Überblick über den Zustand einzelner Bauteile verschaffen wollen. Der Flash-Test bietet auch keine „SoH“-Beschreibung in Prozent.

Der „Batterie Quick Test“ vom TÜV Rheinland setzt einen einstündigen Aufenthalt in der Werkstatt voraus und wird schon deshalb derzeit nur gewerblichen Anbietern zur Verfügung gestellt. Da hier nur statisch getestet wird, hat das Ergebnis unter Umständen etwas weniger „Tiefgang“ als der Aviloo Premium Test, der ja ein herausgefahrener Test ist.

Was ist eigentlich mit den Bremsen?

E-Fahrzeuge sind nicht selten leistungsstark und in der Regel auch recht schwer. Da liegt die Frage auf der Hand, ob bei gebrauchten Modellen die Bremsen nicht ein Faktor sind, der höhere Aufmerksamkeit verdient. Das ist tatsächlich richtig – aber aus einem eher unerwarteten Grund! Es ist nicht die höhere Belastung durch Gewicht und Leistung, die auf „auf die Bremse geht“, es die Entlastung der Bremse durch das Rekuperieren, also die Energierückgewinnung, die der Bremsanlage schadet. Wenig aktives Bremsen führt zu Rost an den Bremsscheiben und die Bremsbeläge werden „eingeschläfert“. Das kann dann zu teureren Reparaturen führen. Der TÜV empfiehlt deshalb E-Auto-Fahrern, durchaus regelmäßig „in die Eisen zu steigen“ um die Anlage in Form zu halten. Gebrauchtwagen-Interessenten sollten deshalb tatsächlich ein Auge darauf haben.

Erhält das Gebraucht-E-Auto auch noch Förderung?

Im Prinzip ist das möglich, in der Realität wird es vermutlich die Ausnahme sein. Das liegt an den Voraussetzungen, die gegeben sein müssen. Die wichtigste: Nur wenn das gebrauchte Fahrzeug bei der Erstzulassung keinen Umwelt-Bonus oder eine andere staatliche Förderung erhalten hat, kann man jetzt Förderung beantragen. Außerdem darf die Erstzulassung nicht länger als ein Jahr zurückliegen und der Kilometerstand muss unter 15.000 km liegen. Das dürfte einer Förderung tatsächlich Seltenheitswert geben.

Fazit

Ein gebrauchtes E-Auto als Einstieg in die E-Mobilität kann tatsächlich eine gute Idee sein. Schon deshalb, weil Stromer ohnehin „verschleißärmer“ im Betrieb sind als Verbrenner. Unbedingt zu empfehlen ist allerdings ein individueller Check der Bremsen und vor allem der Traktionsbatterie vor dem Kauf (oder Verkauf). Als Käufer wissen Sie anschließend ziemlich genau, was Sie erwarten können. Das gibt Sicherheit. Denn das wichtigste Bauteil des E-Autos, der Akku, ist im Zweifelsfall auch das teuerste im Austausch.

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