Dynamische Strompreise
Wie funktioniert die Strombörse und wie kann ich davon profitieren?
Die meisten privaten Haushalte in Deutschland beziehen ihren Strom noch über klassische Tarife zu Festpreisen. Viele größere Unternehmen kaufen Strom dagegen zu Börsenpreisen, die teilweise alle 60 Minuten neu ermittelt werden. Neuerdings können Sie aber auch als Privatverbraucher von variablen Strompreisen profitieren. Alles, was Sie hierfür benötigen, sind ein intelligenter Zähler und ein dynamischer Stromtarif.
Was ist eine Strombörse?
Eine Strombörse ist ein Handelsplatz für elektrische Energie, der ähnlich wie eine Wertpapierbörse funktioniert. Auf Basis von Angebot und Nachfrage werden dort die aktuellen Marktpreise pro Kilowattstunde (kWh) ermittelt. Wenn man hierzulande von „der Strombörse“ spricht, ist in der Regel die in Deutschland am meisten genutzte Handelsplattformen „European Energy Exchange (EEX)“ mit Sitz in Leipzig oder deren Ableger „European Power Exchange (EPEX Spot SE)“ mit Sitz in Paris gemeint. Der Stromkauf ist dort über zwei verschiedene Handelsarten möglich:
- Am Terminmarkt (Leipzig) findet der längerfristige Handel mit Energie statt. Lieferverträge werden dort mit einer Vorlaufzeit von bis zu sechs Jahren abgeschlossen. Diese Form des Handels wird überwiegend von Unternehmen genutzt, die ein hohes Interesse an Planungssicherheit und daher an weniger schwankenden Preisen haben.
- Am Spotmarkt (Paris) werden dagegen Day-Ahead-Strompreise im 60-Minuten-Takt ermittelt. Maßgeblich ist dabei der kWh-Preis des letzten zugeschalteten Kraftwerks, das zur Deckung des aktuellen Strombedarfs benötigt wird. Dabei gibt es einen festgelegten Mechanismus, der bestimmt, wer seinen Strom zuerst verkaufen darf: Die Anbieter mit dem niedrigsten Preis sind zuerst dran; in der Regel sind das die Produzenten erneuerbarer Energien, denn ihre Stromerzeugungskosten sind niedriger als die konventioneller Kraftwerke. Bei ungünstigem Wetter und/oder sehr hoher Nachfrage reicht der grün produzierte Strom jedoch nicht aus, um alle Käufer zu bedienen. Erst dann kommen teurere, nicht regenerativ produzierende Energieanbieter zum Zug. Deren Preis gilt dann für sämtlichen Strom, der innerhalb dieses Zeitraums verkauft wird. Zusammengefasst: Wenn viel grüner Strom produziert und wenig Strom nachgefragt wird, kann man günstig kaufen. Im umgekehrten Fall steigen die Preise.
Wie kann ich am Börsenhandel mit Strom teilnehmen?
Der direkte Energiehandel an einer Strombörse ist Großabnehmern vorbehalten. Über einen sogenannten dynamischen Stromtarif kann auch ein Privathaushalt kurzfristige Börsenpreise nutzen. Ein Teil des Arbeitspreises, genauer der Strombeschaffungspreis, wird dabei variabel abgerechnet; das heißt der jeweilige Spotmarktpreis zum Zeitpunkt des Stromverbrauchs. Dieser wird dann zu den verbleibenden, weiterhin fixen Kosten (gesetzlich regulierte Kosten wie Abgaben, Umlagen und Steuern sowie Netzentgelt) verbrauchsabhängig addiert. Voraussetzung für die Nutzung eines dynamischen Stromtarifs ist ein intelligenter Stromzähler, der Daten über Ihren Stromverbrauch im Tagesverlauf an Ihren Energieversorger zur Abrechnung überträgt.
Die aktuellen Strompreise an der Börse (Netto)
Nettopreise exklusive der derzeit gesetzlich geltenden Mehrwertsteuer von 19 %. Die Daten werden täglich um 15 Uhr aktualisiert. Quelle: https://transparency.entsoe.eu.
Lohnt sich ein dynamischer Stromtarif für mich?
Pauschal lässt sich das nicht beantworten. Da der Strompreis der Börse tages- und jahreszeitlich stark schwanken kann, ist eine gewisse Flexibilität ratsam. Um von einem dynamischen Tarif profitieren zu können, sollten Sie in der Lage sein,
Ihren Stromverbrauch möglichst in günstige Zeiten zu verlagern. Laden Sie Ihr E-Auto oder waschen Sie Ihre Wäsche idealerweise dann, wenn der Strompreis gerade niedrig ist. Sehr hilfreich kann ein smartes Energiemanagement-System sein, das den Verbrauch in Ihrem Haushalt unter Berücksichtigung des Strompreises automatisch steuert. Eine interessante Option wäre auch die Nutzung einer Speicherbatterie, die bei niedrigen Preisen geladen werden kann und den gespeicherten Strom zu teuren Zeiten abgibt.
Wenn Sie dagegen wenig Möglichkeiten haben, Ihren Stromverbrauch zu flexibilisieren oder Ihnen Planungssicherheit wichtig ist, sind Sie mit einem günstigen klassischen Stromtarif besser beraten. Bedenken Sie bei Ihren Abwägungen immer, dass einige Geräte – zum Beispiel ein Kühlschrank oder eine Tiefkühltruhe – durchgehend mit Energie versorgt werden müssen, und dass der Strom in einem dynamischen Tarif zu Spitzenzeiten sehr teuer sein kann und sich auch generell am Marktniveau orientiert. Je höher der Stromverbrauch im Haushalt, desto höher ist das Einsparpotenzial und andererseits auch das Risiko.
Was haben dynamische Stromtarife mit der Energiewende zu tun?
Dynamische Stromtarife setzen einen direkten Anreiz, das Verbrauchsverhalten im Interesse der Energiewende zu steuern. Denn die Preisschwankungen an den Strombörsen spiegeln die Verfügbarkeit erneuerbarer Energien wider. Wenn der Börsenpreis und damit auch der Strompreis zuhause gerade günstig ist, ist reichlich grüner Strom im Angebot und wird dann auch bevorzugt verbraucht. Andersherum, wenn der Strom teuer ist, wird man den privaten Verbrauch eher reduzieren und so dazu beitragen, dass nicht noch weitere konventionelle Kraftwerke ans Netz gehen.
Darüber hinaus tragen dynamische Tarife zur Stabilisierung der Netze bei – zum einen durch den an die Verfügbarkeit angepassten Stromverbrauch; zum anderen durch den erforderlichen Einbau intelligenter Stromzähler, die eine wichtige Voraussetzung für den Ausbau intelligenter Stromnetze (Smart Grids) sind.
Fazit
Strombörsen sind Handelsplattformen, über die Stromanbieter und Stromabnehmer die Preise für Strom ermitteln. Im Terminhandel können Unternehmen längerfristig geltende Verträge abschließen; im Spot-Handel werden dagegen kurzfristig geltende Preise auf Basis der aktuellen Nachfrage und des Angebots ermittelt. Die für Deutschland wichtigste Strombörse ist die EEX in Leipzig und Paris. Allerdings können dort ausschließlich größere Unternehmen mit Strom handeln. Über dynamische Stromtarife können private Haushalte jedoch indirekt auf variable Börsenpreise zurückgreifen. Ein Teil des Strompreises orientiert sich dabei am Spotmarkt-Preis zum Verbrauchszeitpunkt.